138 – Der Fascho-Futurismus

Warum enden viele Zukunfts-Visionen auf schreckliche Weise im Wahn?

Matthias Horx, April 2025

Ich muss ein Geständnis machen, das mich mit einer gewissen Scham erfüllt.
Ich war lange ein Fan von Elon Musk.

Was mich trösten kann ist, dass ich damit nicht allein bin. Waren wir nicht so gut wie alle begeistert von diesem unkonventionellen Typen, der sich einfach die Zukunft aneignete, mit einer Mischung aus Coolness, Chuzpe und Charisma? Ich kann mich noch an Zeiten erinnern, als der Name „Elon Musk“ mit einem Hauch von Sternenstaub auf den Lippen ausgesprochen wurde. Wenn ER nach Deutschland kam, um eine Giga-Fabrik zu eröffnen oder einfach nur schmuddelig auf Empfängen herumzustehen und irgendetwas zu nuscheln, lagen alle zu seinen Füßen. ALLE. Die Konservativen, die ihn als den Helden einer neuen Unternehmer-Moral huldigten – alle müssen notfalls 24 Stunden in der Fabrik sein, in der „Produktionshölle“, um etwas voranzubringen. Die Politiker, die von ihm eine magische Zukunftsvision erwarteten, mit ein bisschen Abglanz für die Wähler. Die Nerds, die ihn anhimmelten, weil sie von „geilen Disruptionen“ aller Art träumten, Hauptsache digital. Aber auch die Linken, Progressiven, die von ihm Träume von radikalen Innovationen zugunsten der Menschheit erhofften.
Es war damals alles schon ein bisschen peinlich. Personenkult ist immer peinlich.
Aber jetzt ist es schlimmer als peinlich.
Es ist ein Abgrund.

Wie kommt es, dass Zukunftsträume auf schreckliche Weise entgleisen? Das Zukunfts-Helden plötzlich zu Dämonen werden, denen man den Irrsinn eigentlich immer schon hätte ansehen können (sollen, müssen) …

Das Kindchenschema der Zukunft

Wie Elon Musk bin ich in der goldenen Zeit der unschuldigen Zukunft aufgewachsen. Musk ist zwar kein Boomer wie ich, sondern Mitglied der Generation X (Jahrgang 71). Aber er wurde von denselben Zukunftsvisionen geformt, die auch meine Kindheit prägten. Alles würde fröhlich und supertechnisch werden. Roboter, Weltraumfahrt, Gedankenübertragung – und alle Autos würden „demnächst“ fliegen. In den Morgenbildern meiner Kindheit wimmelte es von Muttis, die sich, umgeben von fleißigen Heimrobotern, in der Hollywood-Schaukel räkelten. Papis mit Hut, die mit dem Atom-Auto (und der Pfeife im Mund) ins Büro fuhren, über breite, ewig leere Straßen hinweg. Irgendwie war alles „atomar“, und überall wuchsen Mond- und Marsstationen in den Himmel der Phantasie.

Elon Musk hat diese kindlichen Träume wohl noch gründlicher eingesaugt als ich. Und er war wie alle Träumer ein Außenseiter, der Probleme zu kompensieren hatte. In seinen Biographien kann man lesen, dass er in seiner Kindheit Opfer von kindlichem Mobbing wurde. Das war damals keineswegs harmlos. Man wurde nicht nur fett und hässlich genannt, sondern auch gerne mal die Treppe hinuntergeworfen. Musk wurde vom eigenen Vater, einem gewalttätigen Choleriker, misshandelt.
Auch das war ganz normal. Es war nur die Frage, was man daraus machte. Jedenfalls: Wenn man da rauskommen wollte, musste man hoch hinauf.

Musk hat aus „seinem Asperger“ nie einen Hehl gemacht, im Gegenteil. Das Asperger-Syndrom, eine moderate Form des Autismus, gilt im modernen Neurodiversitäts-Diskurs sogar als eine Art Adelsprädikat. Es deutet immer auf so etwas wie Genialität hin. Da sind einerseits „Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion und Kommunikation sowie ein eingeschränktes, stereotypes, sich manchmal wiederholendes Repertoire von Interessen und Aktivitäten“, wie es auf den Diagnoseseiten von Wikipedia heißt. Andererseits zählt eine scharfe Beobachtungsgabe, ein „mnemotisches Gedächtnis“, eine gesteigerte Mustererkennung zu den kognitiven Fähigkeiten von Aspergern.
Ich kenne Aspergers, die wunderbare soziale Menschen sind. Weil sie in einem mühsamen und schmerzvollen Prozess Verantwortung für sich selbst übernommen haben.
„Die grundlegende Schwäche der westlichen Zivilisation ist Empathie“, sagte Musk neulich. Empathie werde als „Waffe“ eingesetzt und zerstöre die Gesellschaft. Das war die Zeit, in der er schon mit einer Kettensäge, einem faschistischen Gruß und einer dunklen Sonnenbrille auftrat. Etwas geriet grundsätzlich außer Kontrolle.

Per Anhalter durch die Galaxis

In den neunziger Jahren las Musk „Per Anhalter durch die Galaxis“ von Douglas Adams.

Im „Anhalter“ gibt es eine ziemlich hässliche Alien-Rasse, die Vogonen, die dicken Bürokraten mit Warzen ähnelt. Die Vogonen wollen die Erde für den Bau einer galaktischen Hyperraum-Umgehungsstraße abreißen. (Wie war das mit den Bürokraten des „Deep State“?) Als auf der Erde allgemeine Panik ausbricht, beschwert sich der Führer der Vogonen, Prostetnic Vogon Jeltz vom galaktischen Hyperraum-Planungsrat, über die Sprechanlage des Vogonen-Flaggschiffs, dass die Pläne dafür schon seit Jahrzehnten im nur vier Lichtjahre entfernt gelegenen (Sternensystem) Alpha Centauri ausgelegen hätten und kein Einspruch erhoben worden sei.

Das Vogonen-Flaggschiff ist ein Arbeiterschiff, gelb und ziemlich hässlich. Ford Prefect und Arthur Dent werden ohne Wissen der Vogonen in ihm aufgenommen, als sie versuchen von der Erde zu fliehen, da diese zum Bau einer Hyperraumumgehungsstraße gesprengt wird. Auf ihnen arbeiten neben den Vogonen noch die Dentrassis. Sie sind die Köche der Vogonen und tun alles dafür, die Vogonen zu ärgern, beispielsweise Anhalter mitnehmen.

Nachdem der Held der Heldenreise, Arthur, nach einem Streit mit dem Vogonischen Personal durch eine Luftschleuse ins Vakuum des Alls „gespaced“ wird, wird er in letzter Sekunde vom Raumschiff Herz aus Gold gerettet, das einen unendlichen Unwahrscheinlichkeits-Drive besitzt – damit kann man an jeden Ort und in jede Zeit gelangen, wenn man genau berechnen kann, wie unwahrscheinlich es ist, sich dort zu befinden.

Im weiteren Verlauf errechnet der Supercomputer Deep Thought nach 7,5 Mio. Jahren, dass der Sinn des Lebens „42“ ist. Nachdem ein gewisser Slartibartfast die Gruppe mit einer Gruppe von Mäusevertretern bekannt gemacht hat, versuchen diese Arthur dazu zu überreden, sein Gehirn zu „spenden“, um aus diesem den Rechenfortschritt der Erde entnehmen zu können. Dafür sei es aber erforderlich, dass sie Arthurs Gehirn entnehmen und (irreparabel) in Scheiben schneiden. Nachdem Arthur abgelehnt hat, versuchen die Mäuse, ihm das Gehirn mit Gewalt zu entnehmen. Aber Arthur und seine intergalaktischen Freunde beschließen, etwas essen zu gehen … – die Überleitung zum zweiten Teil der Romanreihe, „Das Restaurant am Ende des Universums”

Ich fürchte, dass Musk dieses fantastische Werk nicht nur gelesen, sondern irgendwie ernstgenommen hat. Und zum Skript seiner Karriere gemacht hat, die mit sehr großen Visionen begann und mit einem fürchterlichen Sturz enden wird.

Die Ur-Futuristen

Irgendjemand hat einmal behauptet, die Geschichte wiederhole sich nicht, reime sich aber ziemlich. Gilt das auch für die Zukunft? Oder für die IDEE von der Zukunft?

Die ursprüngliche Bewegung der FUTURISTEN entstand vor gut 120 Jahren in den Übergängen von der Traditionsgesellschaft des 19. zur Industriegesellschaft des 20. Jahrhunderts. Zunächst handelte es sich um eine Künstlerverbindung, einen Bohème-Zirkel wie die Kubisten oder die DADA-Bewegung. In den Metropolen Paris und Rom, die zu Beginn der Moderne einen gewaltigen kulturellen und ökonomischen Aufschwung erlebten, wurde die provokative Truppe ziemlich schnell berühmt. Ihr Thema war die „totale Zukunft“. Die rasende Beschleunigung. Das „radikale Morgen“.

Im Jahr 1909 veröffentlichte der Gründer der Futuristen, der italienische Jurist und Dichter Filippo Tommaso Marinetti, in der französischen Zeitung Le Figaro ein Pamphlet, das die Anliegen der Futuristen verdeutlichte:

FUTURISTISCHES MANIFEST!

  • Wir wollen die Liebe zur Gefahr besingen, die Vertrautheit mit Energie und Verwegenheit.
  • Mut, Kühnheit und Auflehnung werden die Wesenselemente unserer Dichtung sein.
  • Wir wollen preisen die angriffslustige Bewegung, die fiebrige Schlaflosigkeit, den Laufschritt, den Salto mortale, die Ohrfeige und den Faustschlag.
  • Wir erklären, dass sich die Herrlichkeit der Welt um eine neue Schönheit bereichert hat: die Schönheit der Geschwindigkeit. Ein Rennwagen, dessen Karosserie große Rohre schmücken, die Schlangen mit explosivem Atem gleichen … ein aufheulendes Auto, das auf Kartätschen zu laufen scheint, ist schöner als die Nike von Samothrake.
  • Wir werden die großen Menschenmengen besingen, die die Arbeit, das Vergnügen oder der Aufruhr erregt; die nächtliche, vibrierende Glut der Arsenale und Werften, die von grellen elektrischen Monden erleuchtet werden; die gefräßigen Bahnhöfe, die rauchende Schlangen verzehren; die Fabriken; die Brücken, die wie gigantische Athleten Flüsse überspannen; die abenteuersuchenden Dampfer, die den Horizont wittern; die breitbrüstigen Lokomotiven und den gleitenden Flug der Flugzeuge, deren Propeller wie eine Fahne im Winde knattert und Beifall zu klatschen scheint wie eine begeisterte Menge.

Die Marinetti-Futuristen propagierten die Ablehnung und Überwindung der Natur. Marinetti raste selbst gerne mit Sportwagen herum, mit denen er Radfahrer von der Straße drängte. Ihr Hauptfeind war die damals grassierende Romantik der Poeten und „Weichdenker“ (heute: Wokeness). Die rasende technische Zukunft sollte ALLES Alte über den Haufen werfen – alle Tradition, Trägheit und Konvention, alle Bindungen, Normen und Moralvorstellungen. Marinetti schrieb ein „Manifest gegen den Mondschein“, dessen unverzügliche Abschaffung er forderte. Immerhin gab es so etwas wie Humor. In seinem bekanntesten Werk, dem FUTURISTISCHEN KOCHBUCH, finden sich unkochbare Rezepte ausschließlich ohne Spaghetti („Antipasta!“) – Teigwaren hasste er als „Traditionsfraß“, der die Italiener verdummte. Die Ehe war den Futuristen ein Graus, und vieles, was sie veröffentlichten, war radikal frauenfeindlich. Sein „Handbuch zur Verführung von Frauen“ handelte von einer geradezu skurrilen Anmach-Kunst, die jede Frau in die Flucht schlagen musste (wohl ein Vorbild für heute gängige Spezialisten wie Andrew Tate).

Marinetti sympathisierte mit den Radikalen aller Couleur, zunächst den Anarchisten, dann den radikalen Linken. Aber aus diesen politischen Sympathien bildete sich bald ein „Futurismus“, der weniger Konstruktives als Destruktives beinhalte.

Der Futurist zerstört, zerstört, zerstört ohne sich darum zu kümmern, ob das, was er Neues schafft, auch wirklich besser ist als das Alte … Er hat die klare Vorstellung, dass unsere Epoche, … ihre eigene Kunst, Philosophie, Umgangsformen und Sprache benötigt. Das ist ein klar revolutionäres Konzept.

Siehe auch: https://www.wired.com/story/italy-futurist-movement-techno-utopians/

In einer russischen Variante waren es die „Biokosmisten“, die eine ähnliche Flucht in die Zukunft propagierten. Der Kommunismus sollte mit „elektrischer Wiederauferstehung“ die Unsterblichkeit bringen. Einer der Führer dieser Bewegung, Nikolai Fjodorow, entwickelte mit dem Raketenwissenschaftler Konstantin Ziolkowski schon um 1900 Pläne, fremde Planeten mit „auferstandenen“ Menschen zu besiedeln – kommunistischer Posthumanismus. Die russischen Hyper-Futuristen glaubten an die Unsterblichkeit und die vollkommene Umgestaltung des Planeten zugunsten einer neuen „Projektarier“-Rasse.

Boris Groys; Anne von Heiden; Michael Hagemeister, „Die neue Menschheit“, Suhrkamp 2005

Erinnert uns das alles nicht an die futuristischen Hysterien der Gegenwart? Verbreitet nicht der Posthumanist Ray Kurzweil mit sanften Worten einen Endzeit-Utopismus, mit dessen Hilfe wir in der kommenden „Singularität“ (ca. 2042) uns in die Quantencloud hochladen und ein ewiges Leben führen können? Und sind die dystopisch verdrehten Eskapismus-Weltbilder eines Peter Thiel und anderer Supernerds aus der Trump-Truppe nicht genau an dieser reaktionär-utopischen Frontlinie aufgebaut?

Zu Beginn des Ersten Weltkriegs um 1914 vereinigte sich der Marinetti-Futurismus mit dem Mussolini-Faschismus in Italien. Die meisten Futuristen meldeten sich als Freiwillige für den „Gloriosen Aufstand der Zerstörung gegen den Stillstand“, wie sie den Krieg bezeichneten. Die meisten von Marinettis Gang kamen in den Schlachtfeldern und Schützengräben des Ersten Weltkriegs ums Leben oder wurden verkrüppelt. Marinetti selbst wurde erst untauglich geschrieben, „schaffte“ es dann aber doch – vorübergehend – an die Front in Abessinien, wo er im Schreibbüro eingesetzt wurde. Er kam als kranker Mann zurück und starb an einem Herzinfarkt im Alter von 65 Jahren.

Die Dämonik der Imagination

Ich möchte keine neue Faschismus-Debatte anzetteln. In meiner Jugend haben wir in unserem jugendlichen Blödsinn jeden einen „Faschisten“ oder „Nazi“ genannt, der üble Laune oder die falsche Frisur hatte. Das tut mir leid, und ich entschuldige mich dafür.
Aber vielleicht können wir einige Deutungen hinbekommen – auf der symbolischen Ebene.

Faschismus kommt von „fasces“, was die römischen Rutenbündel meint, die die Macht des Imperiums symbolisierten. Faschismus hat zunächst einmal etwas mit Macht-Symbolen zu tun, die auf Kraft, Stärke und den Willen zur (kollektiven) Gewalt hinweisen. Man denke an das Hakenkreuz und den Totenkopf-Button der SS.
Das X, mit dem Musk inzwischen auch seine Kinder „brandet“, ist in seinem Firmenimperium allgegenwärtig. X hat in der Sprache der Symbole etwas mit Auslöschung zu tun. Auskreuzen. Oder auch ankreuzen. Markieren. Je nachdem.
Das „Z“ auf den russischen Panzern bedeutet übrigens „Sieg“ und „Westen“.
Faschismus ist gesellschaftliche Formung zur kollektiven Gewalt. Das hat wenig mit Rechts oder Links zu tun. Das Nordkoreanische Regime, das aus einer kommunistischen Narration stammt, ist ebenso faschistisch wie – zunehmend – das russische „Projekt“ mit seinem Z auf den Panzern.

Auf eine paradoxe Weise hat das Faschistische aber auch etwas mit Kreativität zu tun. Es ist eine perverse Form der Imagination, die das Heil in der Zerstörung sucht. Und dadurch eine kranke Zukunft erzeugt.

„Imagination“ schrieb der französische Philosoph Blaise Pascal im 17. Jahrhundert, „ist der trügerische Teil des Menschen, die Herrin des Irrtums und der Falschheit.“ Und fügte hinzu: „Ich spreche nicht von Narren, ich spreche von den Weisesten.“

Sozialwissenschaftler haben sich eingehend damit befasst, ob hochkreative Menschen ethischer handeln als der Bevölkerungsdurchschnitt. Einige Studien zeigen einen positiven Zusammenhang, andere keinen. Allerdings basieren solche Studien oft auf Selbstauskünften, in denen sich die Kreativen selbst beurteilen.

Künstler wie Dali oder Picasso, auch nicht wenige Rock ’n‘ Roll-Stars und Schauspieler, waren (sind) nicht gerade menschenfreundliche Charaktere. Dali nutzte seine genialische Kreativität, um seinen „unendlichen Ruhm“ zu füttern, was ihn immer tiefer in den Sumpf der Eitelkeit und des manipulativen Verhaltens zog. Zum Zeitpunkt seines Todes war er in tiefe Depressionen versunken und völlig allein.

Seit der kulturellen Dominanz des Silicon Valley gilt die Devise: „Think bold and break things.“ Wie fatal diese Parole ist, wird uns erst jetzt langsam klar, wo sich die Herrscher der Digitalen Imperien mit einem Unhold zusammentun, der die Welt zerstören und sich gleichzeitig einverleiben will.

Wenn wir den Begriff der Kreativität lebendig halten wollen, wäre es hilfreich, uns auf die ethischen Kontexte zu besinnen, mit denen sich der Unterschied zwischen WAHNhafter und wahrhafter Kreativität erkennen lässt. Der amerikanische Lebensstil-Essayist Arthur Brooks schildert das so:

„Ich verwende für meine eigene kreative Arbeit einen geordneten Algorithmus, um sicherzustellen, dass sie meinen ethischen Standards entspricht. Sie muss 1.) das Spirituelle beinhalten, 2.) andere erheben und 3.) für mich interessant sein. Erfüllt ein Werk nur Kriterium 1 oder 1 und 2, kann ich es trotzdem umsetzen; erfüllt es jedoch nicht 1 und 2, werde ich unter keinen Umständen weiterarbeiten.“
https://www.theatlantic.com

Wohin geht die Reise?

Ich bin TESLA-Fahrer der ersten Stunde. Was mir immer tiefe Bewunderung abverlangte war, dass Musk ein Artefakt in die Welt bringen konnte, das scheinbar Unmögliches möglich machte und dabei Zukunftsprobleme löste. Rebellische Technologie: Jahrelang hatten die Autobauer auf allen Podien und Pressemitteilungen behauptet, dass E-Mobilität technisch unmöglich sein würde. Ebenso wie die Energiekonzerne behauptet hatten, dass man mit Erneuerbaren niemals ernsthaft Energie erzeugen könnte.

Teslas waren nicht nur funktional. Sie waren elegant, komplex und gleichzeitig sinnhaft. Sie rochen förmlich nach Zukunft, und hörten sich auch so an. Kein Krach und Verbrennen. Stattdessen ruhiges Gleiten, unterstützt von regelnden Computersystemen. Mit Teslas wurden Autos wieder zu Reisevehikeln, in denen man vorankam. Musks Ideen heilten die schmerzhaften Paradoxien zwischen Ökonomie und Ökologie. Eleganz und Technik. Modernität und Moral.
Dachten wir.

Heute fühle ich mich, wenn ich mit meinem Tesla unterwegs bin (200.000 Kilometer auf dem Tacho, kaum Reparaturen, immer noch 93 Prozent Batteriekapazität), verletzt und betrogen. Alles funktioniert (noch) einwandfrei, die Charger laden immer schneller, die Elektronik leitet mich verlässlich von A nach B. Aber dahinter steht – nichts. Ich fühle mich betrogen, nicht nur, weil ich inzwischen weiß, dass die Umwelt für Musk nie eine Rolle spielte (womöglich produziert er demnächst Verbrennermodelle). Ich fühle mich missbraucht – als Fan und Nutzer von etwas, was nie wirklich Vision war, sondern immer nur narzisstischer Egoismus.

Musk ist verloren. Alle seine Projekte und Firmen sind im Grunde längst auf Grund gelaufen. Weil er sie weder zu Ende denkt noch wirklich in ihren Kontexten und Zusammenhängen versteht. Der „Hyperloop“, ein rasender Zug in einer Vakuum-Röhre, wird sich weder technisch noch ökonomisch im Markt etablieren können, schon weil es die Konkurrenz des Flugverkehrs gibt. Tesla, und seinen wirklichen Erfolg, reitet Musk gerade durch Vernachlässigung und kranke Fahrzeugkonzepte wie den Cybertruck zu Tode. Und durch eine gefährliche Lüge, die er unablässig wiederholt: Dass „demnächst“ alle Teslas vollautomatisch fahren werden. Er glaubt, dass er mit ständiger Wiederholung damit durchkommt, wie ein kleines Kind, das ständig dasselbe plärrt. Die Plattform X, als (vor-)letztes Zerstörungs-Projekt, verwandelt sich in eine Hass- und Propaganda-Hölle und wird gerade von der nächsten Höllenmaschine (xAI) übernommen. Space X hat seine ursprünglich erfolgreiche Innovationsmethode („sprenge so viele Raketen in die Luft wie möglich, werte die Daten aus und verbessere“) überreizt. Im Starship, der „Big Fucking Rocket“ (BFR), die gleich ganze Hundertschaften zum Mars bringen soll, liegt wahrscheinlich ein Konstruktionsfehler, der sich auch durch noch so viele Explosionen nicht ausmerzen lässt. Beim ersten größeren Unfall mit Menschenschäden – er wird kommen – wird sich der Aktienkurs von Space X ebenso in Richtung Abgrund bewegen wie bei Tesla.

Auch Musk’s private „Investments“ sind katastrophal. Die Art und Weise, wie Musk mit seinen Kindern umgeht, sollte eigentlich sofort eine behördliche Intervention auslösen (wahrscheinlich löst er diese Behörde gerade auf). 14 Kinder von 5 Frauen, die alle vernachlässigt und zum Teil traumatisiert sind. Die Art und Weise, wie er an seinen Beziehungen mit Frauen gescheitert ist, sieht man ihm nach, weil „Stars“ eigentlich immer auf solche Weise agieren. Welche Abgründe darin liegen, könnten uns vielleicht die Frauen erzählen (wer ein bisschen etwas darüber von Grimes, der Musikerin erfährt, mit der er drei Kinder hat, unter anderem X Æ A-12 und Tau Techno Mechanicus, merkt, dass hier das pure Elend waltet).

Das geht niemanden etwas an, das ist privat? DOCH, es geht uns etwas an! Musk mischt sich ja auch in unsere Beziehungen ein. Indem er die AFD aggressiv unterstützt, versucht er, unsere europäische Lebensweise, die wir auf bestimmten ethischen und zwischenmenschlichen Regeln entwickelt haben, zu zerstören. Er mischt sich in alles ein, was uns lieb ist. Er überschreitet alle Grenzen von Zivilisation und Respekt.

Was ich ihm vor allem niemals verzeihen werde ist, dass er den spirituellen Zauber der Weltraumfahrt zerstört hat. Als alter Space-Fan war für mich „Weltraum“ immer eine Völker- und Kulturen verbindende Menschheits-Vision. Wer aber würde auf einer von Musk kuratierten Mars-Mission mitfliegen wollen? Zu einer Truppe, die nur noch die amerikanische MAGA-Fahne in den Marsstaub rammen will, um dann irgendwas mit goldenen Wasserhähnen oder genetisch kontrollierten Robotern aufzubauen, würde sogar Douglas Adams nichts Lustiges mehr einfallen.

Wenn Musks Leben einen Sinn hat, dann hilft dieser uns, zu verstehen, dass das Neue nicht immer das Gute ist. Dass Zukunfts-Narrative fürchterlich „schiefgehen“ können. Dass die Zukunft etwas Dämonisches entwickelt, wenn man sie ohne die tiefe Idee menschlicher Verbindungen versteht.

Wie es enden wird, lässt sich voraussehen. Der einsame König des Universums sitzt am Ende auf seinem Thron auf einem völlig unwirtlichen Planeten (ob auf der Erde oder außerhalb ist dabei völlig unwichtig). Aber kein menschliches Wesen ist mehr mit ihm. Nur noch ein paar geschwätzige Roboter. Leere. Schweigen. Der Fall wird kommen. Über allem liegt die Trauer über den Verlust der Sehnsucht nach dem Morgen. Das tragische Scheitern des Geistes an sich selbst.