07 – Die zweite elektrische Revolution
Warum der Übergang zur Elektromobilität so schwierig ist. Und was das über die Psychologie des Wandels aussagt.
August 2017
Seit 6 Jahren fährt meine Familie Elektroautos. In dieser Zeit haben wir so ziemlich alles erlebt. Vom wohlwollend-zynischen Schulterklopfen (“Einer muss ja anfangen, die Welt zu retten…”) über Mitleid (“Das soll ein Auto sein?”) bis zum ideologischen Hass-Kommentar (“Vorreiter der grünen Diktatur!”).
Heute scheint sich die Debatte auf eine Entscheidungsschlacht hinzubewegen. Auf der einen Seite recken plötzlich Passanten den Daumen nach oben und lächeln selig, wenn sie unser neues Autos sehen. Andererseits herrscht eine unterschwellige Aggression, eine hysterische Abwehr-Wut. In der Wirtschaftswoche erschien neulich ein Artikel, in der suggeriert wird, dass Tesla-Fahrer demnächst von Lastwagen- und SUV-Fahrern in Raststätten verprügelt werden. Die Öko-Arschloch-Elite…
Je mehr herauskommt, dass die ganze Autobranche ein einziger Lügenbold ist, desto mehr verteidigen die Leute ihre Schummel-Software-Audis. Typischer Dialog:
Bekannter: “Diese E- Dinger sind einfach unzuverlässig. Wie soll ich ein Auto fahren, dass an jedem Berg hängenbleibt?”
Frage: “Wie viel Strecke fährst Du denn jeden Tag?”
Bekannter: “60 Kilometer, zur Arbeit und zurück. Aber die gehen ja nur 50 Kilometer weit.”
Frage: „Wo hast Du das gelesen?”
Bekannter: „In der Zeitung. Elektroautos verpesten übrigens die Luft mehr als Diesel. Und sie sind irre teuer, das kann sich kein Schwein leisten.”
Frage: „Und was hat Dein Autos gekostet?”
Bekannter: „Naja, so eine Vollausstattung mit 350 PS kostet schon sechsstellig…”
Und so weiter. Elektroautos lassen das Stromnetz zusammenbrechen, sie sind Arbeitsplatzvernichter, sie erzeugen mehr CO2 als die Polizei erlaubt und beuten Kongolesen aus. Nach dem Muster von Klimaleugnung und Impf-Verschwörung wird jedes Gerücht, jede Lobby-Studie, erstmal geglaubt und kolportiert.
Wie ist die Lage? Es gibt ein berechtigtes Bedürfnis von Milliarden Menschen nach individueller Mobilität. Wir haben einen Planeten, der sich durch fossile Energien aufheizt. Etwa 40 Prozent der CO2-Emissionen stammen vom Verkehr. Wir haben eine ausgereifte Ersatztechnologie zur Verfügung, die elegant und sexy ist und mit dem Faktor 3-4 effektiver in der Umsetzung von Bewegungsenergie.
Klar braucht ein solcher Antriebswechsel Anpassungen – in der Energieversorgung, in der Produktionsweise, bei Recyclingsystemen. Aber im Vergleich zu dem, was der historische Übergang vom Pferd zum Verbrenner an Aufwand benötigte und Verheerungen produzierte, ist das harmlos.
Wenn man mit die Energie-Einsparung durch stillgelegte Raffinerien einbezieht, brauchen wir 10 bis 25 Prozent mehr Strom als heute, um alle Autos zu elektrifizieren. Das ist kein Drama, sondern eine spannende Herausforderung. Man muss es nur wollen.
Aber immer sich etwas Grundlegendes verändert, klammern wir uns umso mehr am Gewohnten fest. Wir geraten in eine Art Trance. Wir lügen uns selbst an und lassen uns gerne anlügen. 1914 wollte man nicht akzeptieren, dass das Zeitalter der Groß-Monarchen zu Ende ging. Als der erste Weltkrieg verloren ging, wollte ein Großteil der Deutschen nicht einsehen, dass man moderne Kriege nur verlieren kann. Nicht einsehen konnten die Amerikaner trotz Vietnam, dass man die Welt nicht mit dem Löffel umrühren kann. Nicht einsehen will Trump, dass man mit Herumumschreien nicht einfach das kriegt, was man will. Nicht einsehen möchte man, dass es lohnt, eine bestimmte Phase im Leben hinter sich zu lassen. Oder in der Liebe ein Neuanfang nötig ist.
Das Problem besteht darin, dass wir dazu neigen, die Zukunft immer nur vom Problem her zu betrachten. Wir fixieren uns statisch auf das Negative, auf das was schiefgehen könnte. Aber wer beim Abnehmen immer nur an Essen denkt und beim Rauchen-Aufhören an den Griff zur Zigarette, wird es nie schaffen. Wandel wird hingegen ganz leicht, wenn wir die Betrachtungsrichtung umdrehen. Wenn wir uns selbst in die Zukunft versetzen, verstehen wir plötzlich gar nicht mehr, wie man jemals Zigaretten anrühren konnte.
Im Jahr 2037 wird sich niemand mehr vorstellen können, dass diese ruckenden, brummenden Dinger mit den obszönen Rohren hinten dran so begehrenswert waren (wenn ich heute Diesel fahre, ist das wie auf einen Traktor umsteigen). Ladung gibt es dann in jedem Cafe, an jeder Ecke, wie heute schon in Oslo. Oder direkt beim Fahren per Induktion durch die Strasse. Autos sind billig, aber nicht mehr unbedingt Symbole, mit denen man andere auf Distanz hält. Die Motorenbauer sind längst in anderen Berufen untergekommen, zum Beispiel in der Adaptive-Grid-Branche. Es gibt berühmte Auto-Designer – Autos haben wunderbare neue elegante Formen, sie gleiten statt zu rasen. Niemand wird mehr ein Fünftel seines Lebens damit verbringen, eine Maschine zu bedienen und ärgerlich im Stau zu stehen.
Die zweite elektrische Revolution wäre dann vollendet. Der Erfinder NicolasTesla sah den Siegeszug der elektrischen Bewegungsenergie schon vor 100 Jahren voraus: “Everything is spinning, everything ist moving – everywhere THERE IS ENERGY!”.
Schauen Sie sich den wunderbaren Werbeclip “It is not a Dream”an, der Tesla-Fans für ihre Marke produziert haben. Mit Originalton des Visionärs: https://vimeo.com/152927644
It is not a dream, it is a simple feat of scientific electrical engineering, only expensive – blind, faint-hearted, doubting world! […]
Humanity is not yet sufficiently advanced to be willingly led by the discoverer’s keen searching sense. But who knows? Perhaps it is better in this present world of ours that a revolutionary idea or invention instead of being helped and patted, be hampered and ill-treated in its adolescence – by want of means, by selfish interest, pedantry, stupidity and ignorance; that it be attacked and stifled; that it pass through bitter trials and tribulations, through the strife of commercial existence. So do we get our light. So all that was great in the past was ridiculed, condemned, combatted, suppressed – only to emerge all the more powerfully, all the more triumphantly from the struggle.“
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